Artykuły [1063]

Tom 16 (2008)

MOŻLIWOŚCI WPROWADZENIA NOWEGO PODZIAŁU OBSZARU NIEMIEC W ŚWIETLE USTAWY ZASADNICZEJ

Strony: 97 - 109

PDF

Abstrakt

MÖGLICHKEITEN DER DURCHSETZUNG EINER LÄNDERNEUGLIEDERUNG IM LICHTE DES GRUNDGESETZES

Die Neugliederung des Bundesgebietes stellt einen der vielen Themenkreise zur Reform des deutschen Föderalsystems dar. Die Durchsetzung der Territorialreform ist auf Grund des Artikels 29 Absatz 1 des deutschen Grundgesetzes möglich, in dem folgendes festgestellt wird: „Das Bundesgebiet kann neu gegliedert werden, um gewährleisten, dass die Länder nach Größe und Leistungsfähigkeit die ihnen obliegenden Aufgaben wirksam erfüllen können. Dabei sind die landsmannschaftliche Verbundenheit, die geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge, die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit sowie die Erfordernisse der Raumordnung und der Landesplanung zu berücksichtigen“. Jegliche territoriale Änderungen müssen zusätzlich durch einen Volksentscheid bestätigt werden; kleine Grenzkorrekturen können aufgrund des Bundesgesetzes oder als Ergebnis einer Vereinbarung der interessierten Bundesländer vorgenommen werden. Das Grundgesetz enthält auch detaillierte Vorschriften bezüglich der Neugliederung des Bundeslandes Baden-Württemberg Artikel 118 sowie der Fusion der Länder Berlin und Brandenburg Artikel 118A.
Als wichtigste Argumente für die Einführung der Neugliederung des Bundesgebietes werden genannt: Einsparungen infolge der Aufl ösung eines Teils der Landesverwaltungen; mehr fi nanzielle Unabhängigkeit für die vergrößerten Länder; Beschränkung des ständigen Wahlkampfes; Festlegung einer gerechteren Stimmenverteilung im Bundesrat; Verbesserung der Handlungsfähigkeit der Länder sowohl auf innerdeutscher als auch auf europäischer Ebene; mehr Unabhängigkeit für die Länder durch Übernahme einer größeren Zahl der Aufgaben und Kompetenzen.
Hingewiesen wird auf Probleme, die mit der Umsetzung der Gebietsreform verbunden sind: bei Politikern und Beamten – das Risiko des Jobverlustes sowie die Begrenzung der politischen Einflüsse; die Möglichkeit von negativen Änderungen der Stimmenverteilung im Bundesrat; der Widerwille gegen die Übernahme der Probleme der schwächer entwickelten Länder; die Zerstörung der regionalen Identität sowie die Überzeugung, dass die Vergrößerung der Fläche eines Bundeslandes nicht unbedingt zur Verbesserung seiner Handlungsfähigkeit führen muss.
Trotz der bestehenden Grundgesetzbestimmungen, die die Länderneugliederung regeln, wurde von diesen nicht oft Gebrauch gemacht. Ein Beispiel für die vom Grundgesetz geschaffenen Möglichkeit bietet die Entstehung des Bundeslandes Baden-Württemberg im Jahre 1952 sowie die in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts unternommenen Versuche des Zusammenschlusses von Berlin und Brandenburg.
Der Zusammenschluss von Württemberg-Baden, Württemberg-Hohenzollern und Südbaden erfolgte aufgrund des Artikels 118 des Grundgesetzes, der eine vereinfachte Prozedur zur Integration der südwestlichen Gebiete der Bundesrepublik ermöglicht hat. Über die Gründung des neuen Bundeslandes Baden-Württemberg wurde in einer Volksabstimmung im Jahre 1951 entschieden. Der Zusammenschluss von Berlin und Brandenburg, der aufgrund des Artikels 118A des Grundgesetzes erfolgen sollte, ist gescheitert, denn die Einwohner von Brandenburg haben sich in der Volksabstimmung am 5. Mai 1996 dagegen ausgesprochen.
Das Beispiel Berlins und Brandenburgs sowie die Notwendigkeit, das deutsche Föderalsystem nach der Wiedervereinigung Deutschlands zu reformieren, haben dazu beigetragen, dass die Diskussion über die Länderneugliederung aufs Neue landesweit entbrannte. In den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts sowie zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurde eine Reihe von Vorschlägen gemeldet, die auf die Notwendigkeit einer Territorialreform hinweisen. Sie alle sehen Fusionen und eine Reduzierung der Länderzahl von 16 auf 6 bis 12 Länder vor. In der von Professor Werner Rutz erarbeiteten Konzeption zur Neugliederung des gegenwärtigen deutschen Staatsgebietes sind zwei Modelle der Neugliederung interessant: Reduzierung der Länderzahl auf 6 oder 8 Länder vergleichbarer Größe, die effektiv und konkurrenzfähig handeln können. Ein anderer Vorschlag des Wirtschaftsexperten Adrian Ottnad sieht einen Zusammenschluss der bestehenden Strukturen zu sieben größeren Territorialeinheiten vor.
Die Idee der Länderneugliederung wurde auch von bekannten Politikern unterstützt. Der Befürworter dieser Konzeption ist der Ministerpräsident von Baden-Württemberg Günther Oettinger CDU; die Konzeption der Fusion von Hamburg und Schleswig-Holstein befürwortet der christdemokratische Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg Ole von Beust; Christian Wulff CDU schließt dagegen die Fusion des von ihm regierten Bundeslandes Niedersachsen mit Bremen nicht aus. Die Befürworter der Territorialreform fi nden sich auch im deutschen Bundestag. Die Richtigkeit dieser Lösung versuchte der Vorsitzende der SPD-Fraktion Peter Struck aufzuweisen. In der vorherigen Bundestagsperiode plädierte u.a. Christine Scheel Grüne für die Länderneugliederung, in deren Folge die Länderzahl auf 11 reduziert werden sollte. Ähnlich sprach sich dazu der stellvertretende Vorsitzende der FDP Walter Döring aus, dessen Vorschlag die Existenz von neun Bundesländern vorsah.
Trotz einer deutlichen Belebung der Diskussion, an der sich Vertreter von Wissenschaft und Politik beteiligten, ist es bislang in der Praxis nicht gelungen, die Pläne der Territorialreform umzusetzen. Sie stoßen auf neue Hindernisse, wie z. B. der Widerstand seitens der Vertreter der kleineren und leistungsschwacheren Länder, die weiter von den Vorteilen des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems und von der Unterstützung des Bundes profi tieren wollen; die Furcht der Bundesbehörden, die Bundesrepublik könnte sich in Richtung des unitären Staates entwickeln; die Notwendigkeit der Durchführung der die Territorialreform begleitenden Systemreformen z.B. Korrekturen und Ergänzungen des Grundgesetzes und der Verfassungen der jeweiligen Bundesländer. Die Entscheidung, ob die Länderneugliederung in kurz-, mittel oder langfristiger Perspektive verwirklicht wird, oder ob sie überhaupt erfolgt, liegt jedoch in den Händen der politischen Entscheidungsträger und der deutschen Bürger und Bürgerinnen.