Artykuły [1063]
Kurs auf Einheit — die Wiedervreinigung Deutschlands in den Erinerungen der Politiker und Diplomaten
Der zwanzigste Jahrestag der Wiedervereinigung Deutschlands war im Oktober 2010 sehr festlich gefeiert. Derartige runde Jubiläen geben in der Regel Anlass dazu, vergangene Ereignisse durch das Prisma der Erwartungen und Folgen zu beobachten und zu beurteilen, mit welchen się einst verbunden waren. Zwei Jahrzehnte scheinen eine genug lange Periode zu sein, um eine Bilanz der Änderungen ziehen zu können, die die Wiederherstellung eines deutschen Staates inmitten des Kontinents den Deutschen, Europa und auch im größeren Umfang der Welt gebracht hat. Da die Diplomatie und Politik ihrem Wesen nach vor allem als Handlungen der Menschen zu deuten sind, wurde für diesen Aufsatz eine andere Perspektive gewählt. Geschildert wurden die Ansichten der Zeitzeugen der Wiedervereinigung, die den Charakter und Verlauf damaliger Ereignisse weitgehend beeinflusst haben — der damaligen Staatsoberhäupter, Aussenminister, führenden Politiker und Diplomaten, Vertreter sowohl der westlichen Besatzungsmächte und der Sowjetunion, als auch der aus West- und Ostdeutschland.
Die Tagebuch- und Erinnerungsliteratur bereichert unser Wissen über die Vergangenheit wesentlich, ergänzt es um neue Details und persönliche, durch die Autoren formulierte Beurteilungen. Sie gibt auch die Möglichkeit, hinter die Kulissen der großen Politik zu schauen. Zu den Publikationen, nach denen gegriffen wurde, gehören vor allem die Memoiren des russischen Führers Michail Gorbatschow, des USA-Präsidenten George Bush, des französischen Präsidenten François Mitterrand, der britischen Premierministerin Margaret Thatcher und des westdeutschen Kanzlers Helmut Kohl oder der letzten Premierminister der Deutschen Demokratischen Republik Hans Modrow und Lothar de Maizière. Ihre Ergänzung stellen die Bearbeitungen des amerikanischen Staatssekretärs James Baker, des letzten Chefs der bundesdeutschen Diplomatie Dietrich Genscher oder des letzten Botschafters der Sowjetunion in Ostberlin Wjatscheslaw Kotschemassow dar.
In den Prozessen der 1980er und 1990er Jahre in Europa nahmen diese Personen eine Schlüsselposition ein, da sie die damals getroffenen Entscheidungen direkt beeinflussen konnten. Auch die später erschienenen Erinnerungen widerspiegeln sehr genau die Stimmung damaliger Monate, die nicht selten von extremen Emotionen begleitet waren, von Euphorie und Glück wegen Fall des kommunistischen Regimes im Mittel- und Osteuropa bis hin zur Angst davor, wie sich die Lage in der Zukunft entwickeln wird. Die reformatorische Politik des russischen Führers Gorbatschow wurde im Westen und in den Vereinigten Staaten außergewöhnlich freundlich empfangen, sie schuf darüber hinaus eine Chance, dass Deutschland ihre staatliche Einheit wiedererlangt. Die Franzosen und die Briten waren dagegen eher zurückhaltend und den deutschen Aspirationen gegenüber skeptisch eingestellt, was später die Unterlagen und Archivalien bestätigt haben. Die Aufeinandereinspielung der Standpunkte, die zu erreichenden Kompromisse und die endgültige Ausarbeitung der Dokumente während der nacheinander folgenden Etappen des Wiedervereinigungsprozesses, der auf der Zwei-plus-vier-Konferenz basierte, waren bis zum letzten Moment sehr mühsam und spannungsvoll. Dennoch erwies sich ausgerechnet diese „einmalige Konstellation“ der Politiker, kräftiger und ausdrucksvoller Persönlichkeiten, die die Interessen eigener Staaten vertraten, die nicht immer mit den der sonstigen übereinstimmten, als entscheidend. Schließlich übersprangen die Führer der vier Mächte — der USA, Sowjetunion, Großbritanniens und Frankreichs — ihre Meinungsverschiedenheiten und nicht selten empfindliche Stellen, und beurteilten die Situation treffend, wodurch sie den Deutschen die Wiedervereinigung ermöglichten.