Literaturwissenschaft

Tom 146 (2021)

Von der Mythosverarbeitung zur Subjektwerdung – Aspekte der Faschismusbewältigung in Grete Weils Roman „Meine Schwester Antigone“

Strony: 25-36

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Abstrakt

Im Mittelpunkt des folgenden Beitrags steht das Thema der narrativen Subjektwerdung im Kontext der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in Grete Weils Roman. Der Antigone-Mythos dient hier als Mittel dieser Aufarbeitung, wobei die Frage ins Zentrum gerückt wird, wie der Mythos selbst als Teil der Literartur- und Kulturforschung bei der literarischen, autobiographisch geprägten Bewältigung der faschistischen Vergangenheit eingesetzt werden kann. Am Beispiel der im Roman zentralen Antigone-Figur werden einerseits Möglichkeiten aufgezeigt, wie der Mythos durch die in ihm inhärenten Perspektiven der Identifizierung zu einem produktiven Instrument der Auseinandersetzung mit der traumatischen Vergangenheit und zu einer Stütze des sprechenden Subjekts wird, andererseits aber wird das Leistungsvermögen des Mythos im narrativen Werden des traumatisierten Subjekts hinterfragt. Durch die Heranziehung des Lacanschen Subjektbegriffs, der sich an der Unterwerfung der Sprache unter den Signifikanten orientiert, macht der Artikel deutlich, dass das erzählende Subjekt sich seiner im Mythischen liegenden imaginären Identifizierungen entledigen muss, damit eine Hinwendung vom Imaginären zum Symbolischen, also zum bewussten poetischen Sprechen vollzogen werden kann. Im Rahmen dieser Hinwendung wird die Erzählerin aufgefordert, so eine wichtige Schlussfolgerung dieser Studie, die bestehenden Sinnzuschreibungen zu verwerfen, um an die Leerstellen sowohl in ihrer Biografie (Traumata und Verluste) als auch in der Sprache selbst zu gelangen, um dann vom Ort ihrer Überschneidung heraus, wo im Sinne Lacans ein sog. reiner Signifikant entsteht, sich als ein sprechendes, begehrendes Subjekt neu definieren zu lassen.

Zasady cytowania

Wierzejska, M. (2021). Von der Mythosverarbeitung zur Subjektwerdung – Aspekte der Faschismusbewältigung in Grete Weils Roman „Meine Schwester Antigone“. Germanica Wratislaviensia, 146, 25–36. https://doi.org/10.19195/0435-5865.146.2